Geschrieben von Markus Schumacher im Augus 2012
Aus einem Gespräch, welches der Herr Jesus mit den ihm gegenüber feindlich eingestellten Juden hatte, ist die nachfolgend zitierte Antwort des Herrn Jesus überliefert.
„Wahrlich, wahrlich: Ehe Abraham wurde, bin ich.“ Johannes 8,58
Diese Stelle wird sehr häufig zitiert, um zu beweisen, dass Jesus Christus (Gesalbter) schon lange vor seiner menschlichen Geburt als ein Geistwesen bei GOTT im Himmel gelebt hat.
Auf den ersten Blick scheint es aufgrund der Aussage des Herrn Jesus auch nahe liegend zu sein, dass er schon lebte, bevor Abraham entstanden ist. Wenn man allerdings den Gesamtzusammenhang des Textes berücksichtigt und darüber nachdenkt wer es war, der die Worte gesprochen hat, ergibt sich ein anderes Bild.
Zunächst ist nämlich davon die Rede, dass es Jesus war, welcher sagte: „Ehe Abraham wurde, bin ich.“ Jesus aber ist ein rein menschlicher Name, wie er bei den Juden gelegentlich vorgekommen ist und auch heute noch bei den Spaniern vorkommt. Jesus ist daher auf keinen Fall der Name eines himmlischen Wesens oder eines Geistwesens.
Darüber hinaus hatte sich Jesus in dem Gespräch mit ihm feindlich gesinnten Juden ausdrücklich als einen Menschen bezeichnet:
„Jesus spricht zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder währet, so würdet ihr die Werke Abrahams tun, jetzt aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der ich euch die Wahrheit gesagt habe, die ich von GOTT gehört habe, das hat Abraham nicht getan.“ Johannes 8,39 b – 40
Fasst man das bisher aus den Worten des Herrn Jesus entnommene zusammen, so ergibt sich, dass ein etwa 30 Jahre alter Mensch mit Namen Jesu sagte, dass er schon war, bevor Abraham entstand; nur, in welcher Beziehung?
Die Juden der damaligen und auch der nachfolgenden Zeiten glaubten, dass der Messias (der Christus, der Gesalbte) als der Erste aller Erwählten noch vor der Erschaffung der Welt und der Erschaffung der Thora aus dem Selbst Gottes, dem Bewusstsein und dem Verstand GOTTES hervorgegangen war. Seitdem existierte der Messias in der Vorsehung und dem Plan GOTTES. Weil Paulus diese Gedanken kannte, schrieb er:
„Gepriesen sei DER GOTT und VATER unseres Herrn Jesus Christus! ER hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus, wie ER uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos vor ihm seien, in Liebe.“ Epheser 1,3-4
Jesus Christus ist als der Erste der Erwählten die Grundlage für die Erwählung der gesamten Gemeinde, und beide fanden schon vor Grundlegung der Welt statt. Sogar die gesamte Gemeinde des Neuen Bundes steht in gewisser Weise noch über Abraham. Daher musste der Christus / der Messias notwendiger Weise vor Abraham entstanden bzw. geworden sein.
Die Frage, welche nun die damaligen Menschen gemäß den Aussagen des NT bewegte, war jene, ob Jesus der Christus / der Messias war, oder ob er es nicht war. Auch in dem Gespräch, welches der Herr Jesus mit den feindlichen Juden in Johannes 8 führte, ging es um die Frage, wer Jesus war. Und in den Augen jener Juden war Jesus geistlich gesehen ein Samariter und so warfen sie ihm vor, einen Dämon zu haben:
„Die Juden antworteten und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht recht, dass du ein Samariter bist und einen Dämon hast?“ Johannes 8,48
Der Kern der Auseinandersetzung drehte sich also darum ob Jesus der Christus oder aber ein geistlicher Samariter war und welchen Rang Jesus überhaupt hatte.
War Jesus, welchen die Juden ohnehin verachteten, kleiner oder war Jesus größer als Abraham? Diese Frage hatten die Juden bereits für sich entschieden. Zumal Abraham, Isaak, Jakob, Mose und Esra im Judentum der damaligen Zeit als sehr wichtige und hohe Personen galten, welche hoch geehrt waren und deren Leben und deren Worte sehr genau erforscht wurden.
Von dieser Perspektive her waren die Worte des Herrn Jesus für jene Juden eine echte Herausforderung, ja eine Provokation. Der Herr Jesus hatte zum Beispiel in messianischer Vollmacht zu den Juden gesprochen und dabei gesagt:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit.“ Johannes 8,51
Wiederum sahen sich die Juden in ihrer falschen Annahme, dass Jesus einen Dämon habe, bestätigt und sie sagten: „Jetzt erkennen wir, dass du einen Dämon hast.“ Johannes 8,52 a
Und dann kamen sie auf Abraham und die Propheten zu sprechen:
„Abraham ist gestorben, und die Propheten sind gestorben, und du sagst: Wer mein Wort bewahren wird, wird den Tod nicht schmecken in Ewigkeit. Was machst du aus dir selbst. Bist du etwa größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist, und die Propheten sind gestorben, was machst du aus dir selbst.“ Johannes 8,52-53
In der Betrachtung der Juden war Jesus kleiner als Abraham und die Propheten, denn sie sahen in ihm einen geistlichen Samariter. Es ist hier auch zu berücksichtigen, dass die Samariter in den Augen der Juden auf der untersten Stufe standen. Wie müssen daher die Worte Jesu in den Ohren dieser Juden geklungen haben.
In der folgenden Antwort stellte Jesus klar, dass es DER VATER ist, welcher ihn ehrt und er wirft den Juden vor, IHN im Gegensatz zu ihm nicht zu erkennen:
„Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts, mein VATER ist es, der mich ehrt, von DEM ihr sagt, ER ist unser GOTT. Ihr habt IHN nicht erkannt, ich aber kenne IHN. Wenn ich sagte ich kenne IHN nicht, so würde ich euch gleich sein, ein Lügner. Aber ich kenne ihn und bewahre SEIN Wort.“ Johannes 8,54-55
GOTT ehrt also Jesus darum, weil er IHN kennt, SEIN Wort hält und treu weitergibt Das Erkennen und Kennen GOTTES ist ewiges Leben. Das Halten des Wortes GOTTES besteht in dem Bekennen und Ausleben des Wortes. Jesus war somit ein treuer Verwalter der Worte SEINES VATERS. Dies waren unter anderem Kennzeichen des von GOTT gesandten Messias / Gesalbten, der sich dadurch auszeichnen sollte,
Nun kam der Herr Jesus wiederum auf Abraham zu sprechen.
„Abraham, euer Vater, jubelte, dass er meinen Tag sehen sollte und er sah ihn und freute sich.“ Johannes 8,56
GOTT hatte Abraham versprochen, dass er die Zeit und das Wirken des Messias sehen sollte. GOTT löste dieses Versprechen ein und zeigte dem Abraham das Wirken und die Zeit des Messias durch eine Vision. In der alten Synagoge erzählte man sich, dass GOTT nicht nur dem Abraham, sondern auch schon Adam die Zeit des Messias und sein Wirken mittels von Visionen gezeigt hatte.
Darauf antworteten die Juden, in dem sie ihm ein zu geringes Alter und ungenügendes Wissen unterstellten.
„Da sprachen die Juden zu ihm. Du bist noch nicht 50 Jahre alt und willst Abraham gesehen haben.“ Johannes 8,57
Der Denkweise des damaligen Judentums zufolge war Abraham ein so umfangreiches Thema, dass sogar ein langjähriges und lebenslanges Studium desselben nicht ausreichte, um alles über ihn in Erfahrung bringen zu können. Die Juden sagten also damit, dass Jesus noch viel zu jung war (nämlich kaum mehr als 30 Jahre alt), und dass er deswegen eigentlich gar nichts über Abraham wissen könne.
„Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich.“ Johannes 8,58
Hier bewies Jesus, dass er der Christus sein musste. Denn nur der Messias konnte nach hebräisch-jüdischem Verständnis vor Abraham gewesen sein, weil er vor letzterem aus DEM BEWUSSTSEIN, DEM SELBST und DEM VERSTAND GOTTES, als einer SEINER allerersten Gedanken hervorgegangen war. Daher existierte der Messias / der Christus als erstes aller Werke in GOTTES Gedanken und somit in GOTTES Vorsehung und GOTTES Erwählung. Alle übrigen Erwählten und auch Abraham stiegen nach dem Messias aus DEM BEWUSSTSEIN und DEM VERSTAND GOTTES auf.
Fazit: Die Aussage des Herrn Jesus „Ehe Abraham wurde, bin ich.“ sprengte also keineswegs die Denkvorstellungen, welche seine jüdischen Gegner über den Messias / den Gesalbten hatten. Sie war allerdings in den Augen seiner jüdischen Widersacher eine Provokation, weil sie nicht mit den Denkvorstellungen über den Nazarener Jesus, den die feindlich gesinnten Juden gar für einen geistlichen Samariter und sogar für einen von Dämonen belasteten Menschen hielten, im Einklang stand.